Anzeige
Peiner Wirtschaftsspiegel

„Das Coronavirus hat die Unternehmen im Peiner Land schwer getroffen“, so Stefan Honrath von der Volksbank BraWo

„Das Coronavirus hat die Unternehmen im Peiner Land schwer getroffen“, so Stefan Honrath von der Volksbank BraWo Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Im interview spricht Stefan Honrath mit Melanie Stallmann über die auswirkungen der Corona-Krise auf die Peiner Wirtschaft. Foto: Katrin Bolte

HERR HONRATH, IST ZUM AKTUELLEN ZEITPUNKT BEREITS ABSEHBAR, WIE SCHWER DAS CORONAVIRUS DIE UNTERNEHMEN IM PEINER LAND GETROFFEN HAT?– Grundsätzlich hat es die hiesigen Unternehmen stark getroffen. Wobei es zwischen einzelnen Branchen große Unterschiede gibt.WELCHE BRANCHEN HAT ES AM HÄRTESTEN GETROFFEN?– Allen voran den Messebau, die Veranstaltungsbranche, Schausteller und die Gastronomie beziehungsweise Hotellerie, die sich nur langsam wieder von den Folgen des Lockdowns erholen und noch immer erheblichen Einschränkungen unterliegen. Betroffen sind aber weite Teile des Einzelhandels, ebenso weite Teile der Industrie, die in internationale Lieferketten eingebunden sind, und noch mehrere andere Branchen.

Die Corona-Pandemie hat die Wirtschaft auch weiterhin fest im Griff. Stefan Honrath, Leiter der Direktion Peine der Volksbank BraWo, erläutert im Interview mit Redaktionsleiterin Melanie Stallmann, wie schwer die Unternehmen im Peiner Land von den Auswirkungen betroffen sind und wie das Virus Arbeitsprozesse und Verkaufsstrategien verändert hat.



MÜSSEN WIR IM LANDKREIS PEINE VERMEHRT MIT INSOLVENZEN RECHNEN?

– Die Vorhersage kann man noch nicht treffen. Ich rechne zwar damit, aber wir haben im Laufe der Corona-Krise festgestellt, dass sich die Wirtschaft im Peiner Land grundsätzlich widerstandsfähiger gezeigt hat, als zu Beginn des Lockdowns zu befürchten war.

WORAN LIEGT DAS?

– Die Unternehmen haben sehr schnell auf die Krise reagiert und zum Teil nach alternativen Vertriebswegen gesucht. Außerdem haben viele die Kostenstrukturen intensiv überprüft. Ein entscheidender Aspekt ist auch, dass sich viele kleine und mittlere Unternehmen in den vergangenen Jahren hinsichtlich ihrer Stabilität, ihres Eigenkapitals und ihrer Rücklagen in eine Position gebracht haben, die sie einen begrenzten Zeitraum, der krisenhaft verläuft, überstehen lässt. Wie es langfristig weitergeht, ist allerdings von vielen Faktoren abhängig.

WELCHE MEINEN SIE KONKRET?


– Zum einen von den Einschränkungen, falls es zu einer stärkeren zweiten Infektionswelle kommt. Zum anderen von der Entwicklung der internationalen Lieferketten, der Auslandsnachfrage sowie der Automobilbranche. Im Landkreis Peine gibt es einige Unternehmen mit einer gewissen Automotivelastigkeit und entsprechender Abhängigkeit.

ALSO SIND DIE STAATLICHEN FÖRDERUNGEN EIN ENTSCHEIDENDER BESTANDTEIL DER EXISTENZSICHERUNG?

– Der staatliche Rettungsschirm war absolut notwendig. Vor allem, weil die Hilfen sehr schnell angelaufen sind. Interessant war für viele auch die Möglichkeit zur Tilgungsaussetzung, die wir in den Wochen des Lockdowns für coronabedingte Engpässe angeboten hatten. Förderkredite wurden hingegen viel weniger beansprucht als erwartet.

WO SEHEN SIE DEN GRUND DAFÜR?

– Die Unternehmer sind sich bewusst darüber, dass auch der Förderkredit irgendwann einmal zurückgezahlt werden muss. Daher haben sie lieber nach Möglichkeiten gesucht, wie sie durch Veränderungen der Absatz-, Kosten- und Leistungsstrukturen selbst auf die Krise reagieren können.

ALSO SIND DIE UNTERNEHMEN IM PEINER LAND BEREITS KRISENFEST AUFGESTELLT?

– In weiten Teilen durchaus. Vor allem haben sie eben sehr besonnen und analytisch gehandelt, als es zur Krise kam, und sind oft ziemlich schnell neue Wege gegangen. Für die weitere Entwicklung ist es entscheidend, wie sich die private Nachfrage und auch die Beschäftigungsquote entwickeln. Schließlich haben das Ausmaß der Arbeitslosigkeit und der Umfang der Kurzarbeit deutliche Auswirkungen auf die private Nachfrage. Und davon wird es natürlich auch zum wesentlichen Teil abhängen, inwieweit gerade Unternehmen im B2C-Bereich sich wieder erholen können.

EIN WEITERER LOCKDOWN WÄRE DEMNACH DER SUPERGAU …

– Die Wirtschaft würde einen zweiten Lockdown nicht mehr in dem Maße verkraften können wie beim ersten Mal. Es ist tatsächlich ein Punkt erreicht, an dem wir auf eine wirtschaftliche Erholung bauen und diese gezielt befördern müssen.

DAS HEISST?

– Man muss Impulse setzen, um die private Nachfrage anzuregen. Die Peiner Gutscheinaktion war bereits ein gutes Beispiel dafür. Denn damit wurde nicht nur ein materieller, sondern auch und vor allem ein symbolischer Impuls gesetzt. Schließlich war dies auch eine Erinnerung an das Angebot vor Ort. Gleichzeitig war es ein starkes Signal für den Handel, dass er Beachtung findet.

MEINEN SIE, DASS DIE HIESIGEN UNTERNEHMEN MIT EINEM BLAUEN AUGE AUS DER KRISE KOMMEN?

– Es wäre schön, wenn es so wäre. Für eine solche Vorhersage ist es aber noch zu früh, auch wenn bereits leichte Stimmungsverbesserungen zu spüren sind. Es hängt entscheidend davon ab, wie sich eine zweite Infektionswelle entwickelt, welche Restriktionen es geben wird und wie sich die private Nachfrage entwickelt.

WELCHEN BEITRAG KÖNNEN DIE UNTERNEHMEN SELBST UND AUCH BANKEN LEISTEN?

– Wir müssen uns den immer wieder neuen Gegebenheiten anpassen, uns in die Unternehmer hineinversetzen und auf Veränderungen reagieren. Bei Privatkunden hat in den vergangenen Monaten die bargeldlose Bezahlung erheblich zugenommen – durch alle Altersgruppen hindurch. Jetzt gilt es, überall dort, wo es derzeit noch fehlt, entsprechende Möglichkeiten zu schaffen. Außerdem müssen Gebührenstrukturen durchdacht werden, um Kostenexplosionen hinsichtlich der Kontoführungsgebühren zu vermeiden. Denn je mehr Posten verbucht werden, desto höher steigen nach vielen bisherigen Systemen auch die Kontoführungsgebühren.

DIE LÖSUNG?

– Wir haben durch die Optimierung von Arbeitsprozessen die Kontoführungsgebühren für Privatgirokonten abschaffen können und bieten fortan für Privatpersonen eine kostenfreie Kontoführung an. Das ist vollkommen gegen den Trend der Bankenbranche und wird in unserer Region den Prozess des bargeldlosen Bezahlens weiter beschleunigen. Eine große Veränderung, die neue und bedeutende Impulse setzt.