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HWG Kurier Peine 12/2018

Darf es ein bisschen mehr sein? Was bei Überschreitung des Kostenvoranschlages gilt

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Foto: Vadim Guzhva/123RF

Die Frage, die uns beim Einkauf auf dem Wochenmarkt oder beim Fleischer nebenan gern gestellt wird, führt bei Handwerkeraufträgen zu lebhaften Diskussionen und Streitigkeiten zwischen Auftraggeber und beauftragtem Unternehmen. Natürlich möchte der Auftraggeber, z. B. Sie als Hauseigentümer, nicht mehr bezahlen, als im Kostenvoranschlag ausgewiesen wurde. Schließlich fällt gerade aufgrund des Kostenvoranschlages häufig erst die Entscheidung für die Beauftragung eines bestimmten Handwerkers, der im Falle eines höheren Kostenvoranschlages nicht ausgewählt worden wäre. Bei Überschreitung des im Kostenvoranschlag angegebenen Betrages gilt Folgendes:

Von Rechtsanwältin und Notarin Ina Munzel

Unverbindliche Kostenschätzung

Ein Kostenvoranschlag, den die Juristen auch als Kostenanschlag bezeichnen, ist in der Regel unverbindlich. Es handelt sich um eine fachmännische Kalkulation von Kosten, die für einen bestimmten Auftrag wahrscheinlich anfallen werden. Der Handwerker schätzt also beim Kostenvoranschlag, welche Kosten bei der angefragten Reparatur entstehen werden, welche Materialien er benötigt und wie viel Zeit er brauchen wird. Aus diesen Einzelbeträgen errechnet er überschlägig den Gesamtkostenaufwand. Auch wenn Kunden, was die Regel sein dürfte, mit Einholung von Kostenvoranschlägen herausfinden möchten, wie viel eine Reparatur, ein Bauauftrag oder eine Sanierung kosten wird, stellt der Kostenvoranschlag keine verbindliche Preiszusage dar. Der Unternehmer ist daher nicht an die dort veranschlagten Kosten gebunden. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Kostenvoranschlag als „verbindlich“ erklärt wird, also eine Festpreisabsprache getroffen wurde, oder wenn der Unternehmer garantiert, dass der Auftrag die veranschlagte Summe nicht überschreiten wird. Kann der Auftraggeber das Vorliegen einer Festpreisabrede oder einer Preisgarantie beweisen, darf der Handwerker nur das berechnen, was vorab veranschlagt wurde.

Informationspflicht bei wesentlicher Überschreitung

Was bei einer Überschreitung des Kostenvoranschlages gilt, hängt davon ab, um wie viel die Kosten über das ursprünglich geschätzte Maß hinausgehen. Dabei unterscheidet man zwischen unwesentlichen und wesentlichen Überschreitungen. Wann genau von einer unwesentlichen Überschreitung auszugehen ist, hat der Gesetzgeber leider nicht geregelt. Die bisherige Rechtsprechung geht jedoch davon aus, dass eine Kostenüberschreitung von 10 bis 20 Prozent im Regelfall noch als unwesentlich anzusehen ist. Hierbei betrachten die Gerichte jeweils den Einzelfall. Liegt die Überschreitung des Kostenvoranschlages danach im unwesentlichen Bereich, kann der Unternehmer die erbrachten Leistungen ganz normal abrechnen. Der Kunde muss die sich daraus ergebende Mehrzahlung im Regelfall akzeptieren. Zeichnet sich jedoch während der Arbeiten ab, dass der Rechnungsbetrag wesentlich, d. h. um mehr als 20 Prozent höher ausfallen wird als der Kostenvoranschlag, muss der Unternehmer gemäß § 650 Abs. 2 BGB den Besteller des Werkes, d. h. den Auftraggeber, unverzüglich über die Entstehung der Mehrkosten informieren. Der Kunde hat dann zwei Möglichkeiten: Er kann den Werkvertrag außerordentlich kündigen (§ 650 BGB) und muss dem Handwerker dann nur die Arbeiten und Auslagen bezahlen, die bis zu diesem Zeitpunkt bereits erledigt bzw. angefallen sind. Entscheidet er sich gegen sein Kündigungsrecht und lässt den Handwerker trotz der Information über die Mehrkosten weiterarbeiten, so muss er später die gesamte (höhere) Rechnung bezahlen und kann sich auf die wesentliche Überschreitung des Kostenvoranschlages nicht berufen.

Tipps für Hauseigentümer

Bei Beauftragung von Arbeiten auf dem Grundstück sollten Sie versuchen, einen Festpreis zu vereinbaren, oder sich eine Preisobergrenze nachweislich garantieren lassen. Lässt sich der Unternehmer nicht darauf ein, weisen Sie bitte ausdrücklich darauf hin, dass Sie über jede Kostensteigerung im Ausmaß von mehr als 10 Prozent unbedingt im Vorfeld informiert werden möchten. Bei nachträglichen Auftragserweiterungen bzw. Auftragsänderungen bitten Sie um einen neuen schriftlichen Kostenvoranschlag. Informiert Sie der Unternehmer über eine zu erwartende Kostensteigerung, lassen Sie sich diese Information schriftlich unter Benennung der nunmehr zu erwartenden Kosten geben. Falls Sie ohne vorherige Information eine Handwerkerrechnung erhalten, die den ursprünglichen Kostenvoranschlag um mehr als 20 Prozent überschreitet, reklamieren Sie dies gegenüber dem beauftragten Unternehmen sofort, beanstanden die Verletzung der gesetzlichen Informationspflicht und kündigen die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen an. Zur Vermeidung eines Rechtsstreits und des damit verbundenen Prozesskostenrisikos macht es meist Sinn, dem Unternehmen den ursprünglich veranschlagten Betrag zzgl. eines maximal 20 prozentigen Aufschlages anzubieten. Dies gilt natürlich nur dann, wenn die beauftragten Arbeiten fachgerecht und ohne Mängel ausgeführt wurden. Bei Problemen mit Handwerkeraufträgen rund um Ihre Immobilie können Sie sich im Einzelfall als Mitglied gern an unsere Vereinsgeschäftsstelle wenden.