Anzeige
Sicherheitswochen 2017

„Kinder niemals gegen ihren Willen ins Wasser zerren“

„Kinder niemals gegen ihren Willen ins Wasser zerren“ Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Gesunde Ernährung: Bereits mit einigen kleinen Regeln ist eine ausreichende Versorgung mit Nährstoffen gewährleistet – schon Kinder sollten diese beachten. FOTO: DR. NICOLE LASKOWSKI

Klaus Ruthenberg aus dem Kreis Gifhorn erteilt seit 51 Jahren Schwimmunterricht

Von Hilke Kottlich KREIS PEINE. Ausgezeichnet wurde Klaus Ruthenberg ebenso wie seine Frau Helga nicht nur mit der Müdener Ehrennadel, sondern zur Zeit von Bundespräsident Roman Herzog auch mit dem Bundesverdienstkreuz. Dem Ehepaar aus Müden/Aller im benachbarten Kreis Gifhorn liegt seit Jahrzehnten die Sicherheit von Kindern am Herzen. So erteilt Ruthenberg seit 51 Jahren Schwimmunterricht. Jahr für Jahr steht er jeden Sommer im Lehrschwimmbecken und übt mit Kita- und Grundschulkindern sicheres Verhalten im Wasser. Die Schwimmkurse enden für fast alle Teilnehmer mit dem ersten Schwimmabzeichen „Seepferdchen“.„Etwa 40 Kinder lernen in jedem Sommer im Lehrschwimmbecken das Schwimmen“, sagt DLRG-Mann Ruthenberg, der auch gern Erwachsenen Schwimmunterricht erteilen würde. Aber er weiß: Bei Älteren ist die Hemmschwelle oft hoch. Bei Kindern sieht er häufig die Schwierigkeit, ihnen das „Paddeln“ abzugewöhnen. In Spaßbädern toben und rutschen sie, „lernen aber nicht richtig schwimmen“, sagt er.

Sicherheitswochen 2017


Etwa 40 Kinder lernen in jedem Sommer im Lehrschwimmbecken das Schwimmen.

Klaus Ruthenberg DLRG-Mitglied

Während der Schwimmkurse ist „Vertrauen das Wichtigste“, das die Kindern lernen müssten. Im Becken heißt es dann: „Augen auf unter Wasser“ – Schwimmer und Taucher müssten schließlich sehen, was da alles so unter Wasser treibt. Sein Trick dazu lautet „üben – im Waschbecken mit einem Centstück“. Eltern rät er, „Kinder niemals gegen ihren Willen ins Wasser zu zerren“. Er weiß: „Sie kommen irgendwann von ganz allein ins Becken.“ Als jahrzehntelanger DLRG-Aktiver rät er außerdem dazu, die Kinder mit den Baderegeln vertraut zu machen und immer wieder auf die Gefahren im und am Wasser hinzuweisen.

Dass Kinder schwimmen lernen, ist für den 78-Jährigen eine Herzensangelegenheit. Es begann damit, dass die DLRG-Schwimmer um Ruthenberg ehemals an der Badestelle in Müden an der Aller eine BMW-Isetta am Okerwehr als Wachstation aufgebaut hatten. Der gesamte Flusslauf konnte nicht überwacht werden. Und Jahr für Jahr ertranken in Müden Kinder in dem Fluss. Mit viel Eigeninitiative wurde daraufhin das Lehrschwimmbecken gebaut, und die Dorfkinder erhielten Schwimmunterricht. „Seitdem ist keines mehr ertrunken“, so Ruthenberg.

Der 76-Jährige steht aber nach wie vor nicht nur jeden Sommer im Lehrschwimmbecken und erteilt Schwimmunterricht – der DLRG-Aktive rettete auch drei Menschen aus dem Wasser. „Eine Frau in den Anfängen des Meinerser Waldbades und zwei Menschen, die im Mittelmeer die Unterströmung unterschätzt haben.“

DLRG: In diesem Jahr 297 Ertrunkene

„Kinder niemals gegen ihren Willen ins Wasser zerren“-2
Sommersaison 2017: In deutschen Gewässern ertranken laut DLRGStatistik 297 Menschen. DPA

Während dieses Sommers ertranken in deutschen Gewässern 297 Menschen, 128 weniger als im Vorjahr. Diese Bilanz zieht die DLRG zum Ende der Saison. Das sei der zweitniedrigste Stand seit Erhebung der Statistik. Lediglich im Juni lag die Zahl der Todesfälle durch Ertrinken verglichen mit 2016 höher. „Da waren 69 (51) Todesopfer zu beklagen.“

„Die rückläufige Entwicklung der Opferzahlen ist auf den ersten Blick erfreulich“, meint DLRG-Vizepräsident Achim Haag. Bei genauerer Betrachtung hätten die DLRG-Aktiven aber festgestellt, dass die geringere Todesrate auf den schlechten Sommer zurückzuführen sei. Deshalb gebe es keinen Grund, in dem Bemühen um mehr Sicherheit im und am Wasser nachzulassen, betont Haag.

Unfallschwerpunkte waren wie in den Vorjahren die Binnengewässer, in denen 240 Menschen ums Leben kamen – mehr als 80 Prozent. 125 Menschen starben in Flüssen, 104 in Seen und Teichen, elf in einem Kanal. „Das Bad in Binnengewässern ist deshalb so risikoreich, weil diese selten bewacht sind. Ein Ertrinkender hat wenig Aussicht auf Rettung“, sagt er. Die DLRG fordere deshalb die Bewachung der Badestellen im Binnenland durch Rettungsschwimmer. „Nur so können wir die Ertrinkungszahlen erfolgreich senken“, sieht der DLRG-Vizechef Kommunen, Landkreise und Badbetreiber in der Pflicht. In Schwimmbädern kamen zehn Badegäste und in privaten Swimmingpools zwei Menschen zu Tode.

Im Sommer verzeichnet die DLRG zudem ein gestiegenes Einsatzaufkommen. „Leichtsinn, Risikobereitschaft und Selbstüberschätzung haben bedenklich zugenommen“, sieht Haag die Entwicklung mit Sorge. Weiterhin stellen Flüchtlinge eine besondere Risikogruppe dar. Insgesamt sind mindestens 21 Asylsuchende ertrunken. Die DLRG hat bereits reagiert, Vizepräsident Haag: „Wir haben Baderegeln als Piktogramme erstellt und Kommunen sowie Städten kostenlos zur Verfügung gestellt.“

Nach wie vor sind Männer die am stärksten gefährdete Gruppe. In den bayerischen Gewässern ertranken wieder die meisten Menschen, 62 an der Zahl, gefolgt von Niedersachsen (38), Nordrhein-Westfalen (37) und Baden- Württemberg (31).

Rückläufig sind die Ertrinkungsfälle bei Kindern und Jugendlichen bis zum 15. Lebensjahr. Bis August kamen im Wasser 17 Kinder zu Tode. Die Quote der ertrunkenen Menschen über 50 Jahre liegt bei fast 50 Prozent. hik