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FIT & GESUND - Gesunde Zähne-21.März-2019

„Es gilt: Zweimal täglich putzen“

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RND-ILLUSTRATION: PATAN

Kreidezähne: Ein rätselhaftes Phänomen

Von Angela Stoll Einmal kurz schrubben, spucken, spülen – und fertig: Dass zu einer sorgfältigen Mundpflege mehr gehört als ein derart minimales Zähneputzprogramm, ist unbestritten. Ansonsten gibt es zu dem Thema aber nur wenige allgemeingültige Aussagen. Der Prophylaxe-Experte Prof. Dr. Elmar Hellwig, Direktor der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie der Uniklinik Freiburg, erklärt, warum er Patienten ganz unterschiedliche Tipps gibt.

Die alte Empfehlung zur Pflege der Zähne hat nach wie vor Bestand. Doch ob harte oder weiche Bürste – das kann jeder für sich entscheiden, sagt Zahnmediziner Prof. Elmar Hellwig

Kann übertriebene Pflege auch dazu führen, dass man den Zahnschmelz wegschrubbt?

Der Zahnschmelz ist die härteste Substanz des ganzen Körpers. Die schrubben Sie so schnell nicht weg, wenn Sie eine normale Zahnpasta verwenden. Allerdings muss man vorsichtig sein, wenn man sehr oft Obst und saure Getränke konsumiert. Bei ständigem Säurekontakt kann es sein, dass die Zahnoberfläche angelöst und dann weggeputzt wird. Patienten, die schon Erosionen, also Mulden, in der Zahnoberfläche haben, sollten deshalb vor dem Essen die Zähne putzen. Aber nur die.

Man kann auch eine günstige Zahncreme vom Discounter empfehlen.

Elmar Hellwig
Professor an der Zahnklinik des Universitätsklinikums Freiburg

Muss man regelmäßig Zahnseide oder Zwischenraumbürstchen benutzen?

Ja. Zum einen dient es der Kosmetik, Speisereste aus den Zahnzwischenräumen zu entfernen. Zum anderen können Zahnfleischerkrankungen entstehen, wenn Bakterien in den Zahnzwischenräumen bleiben. Deshalb sollte man diese Bereiche auf jeden Fall pflegen.

Bei den Zahnpasten ist das Angebot ebenfalls verwirrend groß. Muss es die teure Markencreme sein? Oder tut es auch das billige No-Name-Produkt?

Was die Kariesprophylaxe anbetrifft, so kommt es nur darauf an, dass Fluorid in ausreichender Konzentration enthalten ist. Ansonsten sollte die Creme keine schädlichen Stoffe enthalten, aber das ist bei den gängigen Produkten ohnehin nicht der Fall. Daher kann man durchaus auch ein günstiges Produkt aus dem Discounter empfehlen. Einen direkten Vergleich der Zahnpasten hat es in den letzten zehn, 15 Jahren nicht gegeben. Und das ist ein Problem. Manche Dinge werden nur aus dem Bauch heraus empfohlen.

Kreidezähne: Ein rätselhaftes Phänomen

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37
Prozent der Deutschen gehen zweimal im Jahr zur Vorsorgeuntersuchung zum Zahnarzt. 6 Prozent der Männer tun das nie.

In aller Kürze: Was ist das Wichtigste bei der Mundpflege?

Man sollte zweimal täglich gründlich die Zähne putzen, und zwar mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta. Abends ist eine sorgfältige Reinigung besonders wichtig.

Früher hat man gesagt: Nach jeder Mahlzeit Zähne putzen! Warum ist man von dieser Empfehlung abgerückt?

Weil sie unrealistisch ist. Viele Menschen haben am Arbeitsplatz ja gar nicht die Möglichkeit, gleich die Zähne zu putzen. Und mit unrealistischen Forderungen erreicht man nur das Gegenteil von dem, was man möchte. Außerdem braucht der Biofilm auf den Zähnen, der Karies verursacht, längere Zeit, um zu reifen.

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“Man sollte die Bürste spätestens austauschen, wenn die Borsten umbiegen.“

Prof Elmar Hellwig
Prophylaxe-Experte

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Es gibt ein immenses Angebot an Zahnpflegeprodukten. Allein bei den Bürsten stellt sich die Frage: Elek-trisch oder nicht? Weiche oder harte Borsten? Welcher Kopf? Was ist wirklich wichtig?

Wichtig ist, dass der Patient mit der Bürste gut zurechtkommt. Und das ist individuell sehr unterschiedlich. Deshalb ist es hilfreich, wenn der Patient seine Bürste mit in die Praxis bringt und dort geschaut wird, wie er damit umgeht und wie viel Biofilm beseitigt wird. Grundsätzlich gilt: Elektrische Zahnbürsten entfernen etwas mehr Plaque als Handzahnbürsten. Mit Handzahnbürsten braucht man ein bisschen länger, um das gleiche Ergebnis zu erreichen. Zum Härtegrad gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. Im Allgemeinen empfehle ich mittelharte Zahnbürsten. Es kommt aber immer auf den Druck an, mit dem Patienten putzen, und der ist sehr unterschiedlich.

Wie oft muss man die Bürste wechseln?

Man sollte sie spätestens dann austauschen, wenn die Borsten umbiegen. Das ist oft nach etwa acht Wochen der Fall. Es gibt aber auch Patienten, die wesentlich länger mit einer Bürste putzen können, ohne dass sie sich verändert.

Stimmt es denn, dass man die Bürste nach jeder Erkältung austauschen muss?

Ich kenne keine Untersuchung, die nachweist, dass man sich sonst wieder erkältet. Das ist wohl eher ein Mythos.

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RND-Grafik; Quelle: YouGov

Gehört auch die Zungenreinigung zur Standard-Mundpflege?

Eigentlich schon. Vor allem Patienten, die Parodontitis oder Mundgeruch haben, sollten täglich einen Zungenschaber benutzen. Bei Mundgeruch sitzen auf der Zunge nämlich vermehrt Bakterien, die übel riechende Substanzen produzieren.

Empfehlen Sie Mundwasser?

Es kommt darauf an, um was es sich dabei handelt. Mundspüllösungen, die Fluorid enthalten, tragen zum Schutz vor Karies bei. Sie sind zum Beispiel bei festsitzenden Zahnspangen sinnvoll oder auch dann, wenn Patienten ihre Zähne, etwa wegen Behinderungen, nicht richtig putzen können. Lösungen, die Chlorhexidin enthalten, sollte man aber nur nach Rücksprache mit dem Zahnarzt nehmen. Diese Mittel sind für bestimmte Patienten gedacht, etwa solche mit Parodontitis oder Mundgeruch. Wenn man solche Produkte mehrere Wochen verwendet, kann das den Geschmackssinn beeinträchtigen und möglicherweise auch die Schleimhäute schädigen.

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Ist eine professionelle Zahnreinigung, also eine PZR, immer sinnvoll?

Das kommt drauf an. Es gibt Patienten, die sie nicht brauchen. Nämlich solche, die gesund sind, eine sehr gute Mundhygiene und keinen Zahnstein haben. Andere sind aber nicht in der Lage, ihre Zähne gut zu pflegen oder sind starke Zahnsteinbildner. Bei ihnen ist die professionelle Zahnreinigung sinnvoll. Wie oft sie nötig ist, ist ebenfalls unterschiedlich. Ich habe Patienten, die brauchen die PZR nur alle zwei Jahre. Andere brauchen sie gar nicht und wieder andere alle drei Monate. Hauptsächlich dient sie dazu, Zahnfleischentzündungen und Zahnbetterkrankungen zu vermeiden.

Studien, die das belegen, gibt es aber offenbar nicht.

Das stimmt. Man neigt immer dazu anzunehmen, dass etwas nicht funktioniert, wenn es keine Studien dazu gibt. Aber: In der Nachsorge von Parodontalerkrankungen brauchen Sie die professionelle Zahnreinigung. Sonst haben Sie irgendwann wieder die gleiche Situation wie vor der Behandlung. Und das ist erwiesen.

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Die Ursache ist noch unbekannt: Die Vorderfront eines Kindergebisses ist von den Kreidezähnen betroffen. Foto: Prof. Dr. Norbert Krämer/dpa

Immer öfter stoßen Zahnärzte bei Kindern auf ein rätselhaftes Phänomen: sogenannte Kreidezähne. Auf Backen- oder Schneidezähnen fallen dabei weiß-gelbliche bis bräunliche Flecken auf. Je nach Ausprägung sind die Zähne sehr empfindlich, bereiten Schmerzen und sind anfälliger für Karies. In extremen Fällen können sie regelrecht bröselig werden.

Die Störung, die in der Fachsprache Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH) heißt, gilt als neue Volkskrankheit: Der jüngsten Deutschen Mundgesundheitsstudie zufolge sind rund 30 Prozent der Zwölfjährigen davon betroffen.

Hinter dem Problem steckt eine unzureichende Mineralisation des Zahnschmelzes: Der Gehalt an Kalzium und Phosphat ist niedriger als normal. Wie es dazu kommt, ist unklar. Da Backen- und Schneidezähne schon früh mineralisieren, gehen Wissenschaftler davon aus, dass äußere Einflüsse zum Zeitpunkt der Geburt oder im Kleinkindalter verantwortlich sind. Infrage kommen Umweltgifte, Probleme in der Schwangerschaft, Infektions- und Atemwegserkrankungen, Antibiotikagaben oder auch Vitamin-D-Mangel.

Denkbar ist auch, dass mehrere Faktoren zusammenkommen. Derzeit steht die Kunststoffthese im Fokus: So sollen Substanzen wie Bisphenol A, die sich in Alltagsgegenständen befinden und in die Nahrung gelangen können, zur Störung führen. „Ich halte es für wahrscheinlich, dass Bisphenole eine entscheidende Rolle spielen“, sagt Sabine Dobersch von der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde. Einen Hinweis darauf gab auch eine französische Studie. Das Bundesinstitut für Risikobewertung wies einen Zusammenhang aber als unwahrscheinlich zurück. Für Dobersch ist aber klar: „Weder Eltern noch Kinder sind schuld!“ ast