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Bleibende Spuren in Amsterdam und Peine – Wilhelm Krasnapolsky: Herausragender Unternehmer und großherziger Stifter

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Großporträt von Wilhelm Krasnapolsky in der Empfangshalle des Grandhotels. Foto: Stadtarchiv Peine 

Kaum ein Tourist der holländischen Hauptstadt Amsterdam lässt sich den DAM-Platz entgehen. Hier schlägt das Herz der Stadt. Das 1648 erbaute und zunächst als Rathaus genutzte königliche Schloss, der Koninklijk Palais, prägt das Leben am DAM ebenso wie die Nieuwe Kerk, die Hochzeits- und Krönungskirche der niederländischen Majestäten. Touristen, Straßenkünstler und Besucher des Luxuskaufhauses Bijenkorf verleihen dem Platz das übrige pulsierende Flair. Mitten auf dem DAM erhebt sich das Nationaldenkmal der Niederländer, ein 22 Meter hoher, heller Obelisk als Mahnmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges und als Monument der Befreiung und des Friedens. Hier legt am 4. Mai eines jeden Jahres Willem-Alexander, König der Niederlande, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung einen Kranz nieder. Ebenso schnell fällt das Auge des DAM-Besuchers auf das „GRAND HOTEL KRASNAPOLSKY“ gegenüber dem königlichen Palast und nur etwa fünfzig Schritte vom National-Denkmal entfernt. Als ich, erstmalig in Amsterdam, im vergangenen Oktober auf dieses imposante Gebäude mit seinen heute 450 Zimmern und diversen Suiten blickte, dachte ich mit einem gewissen gefühlten Lokalstolz an die Lebensgeschichte des Gründers dieses Spitzenhotels von Weltruf, an den in Peine gebürtigen und aufgewachsenen Schneidergesellen Wilhelm Krasnapolsky.  

Herausragender Unternehmer und großherziger Stifter

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Blick am 10. Oktober 2018 auf das „GRAND HOTEL KRASNAPOLSKY“.

Nach seiner Auswanderung aus Peine im Jahre 1856 in die holländische Metropole erzielte Krasnapolsky erste Erfolge mit einem Woll- und Seidenhandel, die ihm die Gründung diverser Handelsfirmen ermöglichten. Mit dem erzielten Kapital konnte er nach und nach beginnend mit einem Kaffeehaus und dem Ausbau eines Restaurants schließlich ein Nobelhotel in allerbester Lage erstellen, das „GRAND HOTEL KRASNAPOLSKY“. In diesem für damalige Verhältnisse Haus der absoluten Spitzenklasse konnten die Besucher anlässlich der „Internationalen Kolonialen Ausstellung“ im Jahre 1883 einen neuen mit exotischen Pflanzen ausgestatteten Wintergarten mit Glasdach und Edison-Lampen bestaunen, der noch heute besteht.

Im Jahre 1880 hatte Krasnapolsky zudem die „Erste Amsterdamer Elektrizitätsgesellschaft“ übernommen. Anlässlich des 40-jährigen Thronjubiläums von König Wilhelm III. im Jahre 1889 ließ Krasnapolsky den DAM-Platz mit 5000 Glühlampen ausleuchten, ein für die damaligen Niederlande herausragendes Ereignis. Neue Superlative setzte der erfolgreiche Geschäftsmann, als er in den Folgejahren alle 125 Zimmer seines Hotels mit fließend heißem Wasser und Telefongeräten ausstattete. Das gab es noch in keinem anderen Amsterdamer Hotel. Auch die Toilettenbereiche in den Gesellschaftsräumen wurden für Damen und Herren erstmals getrennt.

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Der Wasserturm im Peiner Herzberg um 1915.

Trotz seines herausragenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolges behielt Wilhelm Krasnapolsky eine innere Bindung zu seiner Geburts- und Heimatstadt Peine. Die Kontakte gingen niemals verloren. Krasnapolsky war noch in der alten, 1692 errichteten St.-Jakobi-Kirche getauft und konfirmiert worden. Als die bisherige Kirche aufgrund von Baufälligkeit abgerissen werden musste, trug er 1896 mit einer Spende von 1000 Goldmark zum Bau der im Jahre 1899 fertiggestellten neuen St.-Jakobi- Kirche in Peine bei. In späteren Jahren profitierte Peine noch einmal von der außerordentlichen Großherzigkeit seines ehemaligen Bürgers.

Obwohl die Stadt schon im Jahre 1896 einen Hügel im Norden Peines erworben hatte und in den Folgejahren schon eine erste kleinere Parkanlage entstanden war, fehlte immer wieder das Geld für die weitere Aufforstung. Dabei war das Bedürfnis für die Anlage eines städtischen Naherholungsgebietes deutlich gestiegen. Seit der Auswanderung Krasnapolskys war die Einwohnerzahl von knapp 4000 bis zum Jahr 1910 auf etwa 15 000 Bewohner angestiegen. Peine hatte sich zur Stahlstadt entwickelt. Der großen Geschicklichkeit und Tüchtigkeit des damaligen Bürgermeisters Julius Meyer, der auch für andere wegweisende kommunale Projekte in Peine die Initiative ergriffen hatte, war es zu verdanken, Wilhelm Krasnapolsky von der geplanten weiteren Aufforstung des Hügels in der Nordstadt zu überzeugen.

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In diesem Hause in Peine, Rosenhagen 24, verbrachte Krasnapolsky einen Teil seiner Kindheit und Jugend.

Als Bürgermeister Meyer im Sommer des Jahres 1911 den städtischen Gremien die Bereitstellung einer Summe von 30 000 Goldmark (heutiger Wert grob geschätzt 1,5 Mio. Euro) eines nicht namentlich genannten Spenders verkündete, war der Weg frei für den Beschluss zur Anlage des neuen Stadtwaldes, dem Peiner Herzberg. Leider konnte der großherzige Stifter infolge einer Krebserkrankung einer Einladung zur Einweihung „seines Herzbergs“ im Jahre 1912 nicht mehr Folge leisten. Heute erinnern ein Gedenkstein, eine Informationstafel und eine anlässlich der 100-jährigen Jubiläumsfeier am 30. September 2012 gepflanzte Krasnapolsky-Linde an diesen herausragenden Wohltäter. Die Benennung einer Straße nach seinem Namen hatte Wilhelm Krasnapolsky gegenüber Bürgermeister Meyer seinerzeit ausdrücklich abgelehnt. Seine Bitte, als Stifter anonym zu bleiben, konnte aufgrund der seinerzeit einsetzenden Spekulationen über die Person des Spenders nicht erfüllt werden.

Als ich in den Nachmittagsstunden des 10. Oktober 2018 mit meiner Frau auf das „GRAND HOTEL KRASNPOLSKY“ blickte, bewegte mich in meinen Gedanken die Lebensleistung dieses großen Peiner Sohnes. Wie konnte ein im Jahre 1834 gebürtiger und im Jahre 1856 ausgewanderter junger Peiner, bildungsmäßig lediglich mit einer Schneiderlehre ausgestattet, es überhaupt schaffen, innerhalb von zwei Jahrzehnten in einem fremden Land und noch dazu im absoluten Zentrum einer Metropole wie Amsterdam ein solches Spitzenhotel von Weltruf zu errichten? Welche unternehmerischen Fähigkeiten muss dieser Geschäftsmann wohl gehabt haben, dass er im Jahre 1880 noch zusätzlich die „Erste Amsterdamer Elektrizitätsgesellschaft“ übernehmen konnte?

Wie gern hätte ich mich einmal mit dieser herausragenden Persönlichkeit unterhalten, die mir meine kaum mehr zählbaren Herzbergspaziergänge zu allen Jahreszeiten ermöglicht hat; als Kind in den Nachkriegsjahren an der Hand meiner Großeltern und der älteren Geschwister, später mit der gegründeten Familie und seit mehr als zehn Jahren mit meinen Enkelkindern. Es bleibt die dankbare Erinnerung an einen Mann, der bleibende Spuren nicht nur in Amsterdam, sondern auch in meiner Heimatstadt Peine hinterlassen hat. Hans-Hinrich Munzel