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Gesundheitswochen

Allergien vorbeugen

Allergien vorbeugen

Wird das Immunsystem schon früh durch potenzielle Allergene stimuliert, entwickeln Kinder eher Toleranzen

VON MONIKA HERBST  Wer in der Schwangerschaft und den ersten Lebensjahren des Kindes einige Dinge beachtet, kann dessen Risiko senken, an einer Allergie zu erkranken. Dabei geht es vor allem um den Schutz vor Neurodermitis, allergischem Schnupfen (zum Beispiel durch Pollen, Hausstaubmilben) und allergischem Asthma.Eine frühe Stimulation des Immunsystems hat zur Folge, dass die Kinder eher eine Toleranz entwickeln als eine Allergie. Sie sollen deshalb bewusst mit potenziellen Allergenen konfrontiert werden. Das gilt für alle Substanzen, die eine Reaktion auslösen können, egal ob sie über die Atmung aufgenommen werden (Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben et cetera), über den Mund (Nüsse, Soja, Fisch et cetera) oder über die Haut (Luft- und Nahrungsmittelallergene). In der Praxis heißt das: Mütter sollten möglichst vier Monate lang stillen und dann zusätzlich eine vielfältige Beikost einführen. „Dazu gehört auch Fisch, für den eine präventive Wirkung nachgewiesen ist“, so der Dermatologie und Allergologe Professor Torsten Schäfer. Präventiv wirken auch ein früher Kita-Besuch, viele Geschwister und der Kontakt mit verschiedenen Tierrassen auf dem Bauernhof.

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4 Monate sollten Mütter stillen und dann eine möglichst vielfältige Beikost einführen.

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Bei Neurodermitis ist die Hautpflege entscheidend. 
FOTO: FOTOLIA

Nicht jeder Kaiserschnitt ist medizinisch notwendig. Man muss wissen: „Es gibt eine erhöhte Allergierate bei Kaiserschnittkindern“, sagt Experte Schäfer. Vor allem das Risiko für eine Asthmaerkrankung steigt. Als Ursache für das erhöhte Allergierisiko wird die fehlende Stimulation durch die Keime im Geburtskanal diskutiert.

Das Auftreten einer Neurodermitis kann durch rechtzeitige Hautpflege oft verhindert werden: Fällt bei einem Säugling oder Kleinkind sehr trockene Haut auf, empfiehlt Dermatologe Schäfer, sie täglich einzucremen und Duschöl anzuwenden. Dadurch wird die Barrierefunktion der Haut wiederhergestellt, entzündete Stellen entstehen gar nicht erst.

Möglichst meiden sollte man Schimmel, aktives und passives Rauchen, Schadstoffe in Innenräumen und Autoabgase.

Bislang haben die Patienten in der Regel über drei Jahre anfangs wöchentlich, später monatlich eine Spritze bekommen. Sie mussten dafür zum Arzt. Vielen war das zu aufwendig. Inzwischen gibt es als Alternativen entweder Tabletten oder Tropfen, die man täglich zu Hause nimmt, oder eine Kurzzeit-Hyposensibilisierung. Dabei wird das Allergen in der Regel vor der Pollensaison über vier Wochen vier- bis achtmal in steigender Dosis gespritzt. Lohnt sich der Aufwand? „Je jünger die Patienten sind und je weniger Allergien sie haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hyposensibilisierung wirkt“, sagt der Lungenfacharzt und Allergologe Professor Roland Buhl von der Unimedizin Mainz. Lämmel vom DAAB rät auch Erwachsenen zu einer Hyposensibilisierung. Je kürzer die Allergie besteht, desto größer sind die Erfolgschancen. Für Patienten, die bereits an allergischem Asthma erkrankt sind, wird die Hyposensibilisierung laut Buhl mittlerweile ebenfalls empfohlen: „Man kann die Erkrankung nicht heilen, aber so bessern, dass man sie im Alltag weniger merkt.“

Bei Asthma die Medikamente nicht absetzen

Es gibt in Deutschland vier bis fünf Millionen Asthmatiker. Häufiger als bei Erwachsenen tritt Asthma bei Kindern auf, jedes zehnte Kind ist betroffen. Die gute Nachricht: „Bei vielen von ihnen verwächst es sich in der Pubertät“, sagt Lungenfacharzt Buhl. Bei den meisten anderen ist das Asthma gut kontrollierbar: „Etwa die Hälfte der Asthmapatienten in Deutschland haben nur eine leichte Form der Erkrankung“, sagt der Experte. Für diese Patienten reicht zur Behandlung ein Basismedikament mit niedrig dosiertem Kortison zum Inhalieren, dass die Bereitschaft zur Allergie drosselt und verhindert, dass sich die Bronchien dauerhaft verengen. Dazu kommt ein Notfallmedikament, das bei Atemnot die verengten Bronchien erweitert.

"Je jünger die Patienten sind und je weniger Allergien sie haben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Hyposensibilisierung wirkt."

Prof. Roland Buhl, Lungenfacharzt und Allergologe

Betroffenen ist oft nicht klar, dass es sich bei Asthma um eine chronische Krankheit handelt. Sie lassen die Medikamente weg, sobald sie sich besser fühlen, und nach zwei, drei Wochen beginnt alles von vorn. Wenn man den Allergenen dauerhaft ausgesetzt ist, wie bei Hausstaub, sollte man auch das Basismedikament dauerhaft verwenden. Ein Pollenallergiker kann dagegen außerhalb der Pollensaison darauf verzichten. Das Problem: Kortison hat nicht den besten Ruf. Patienten fürchten Nebenwirkungen wie Osteoporose, Gewichtszunahme oder grauen Star. Buhl kann sie beruhigen: „Bei inhaliertem Kortison passiert das nicht. Dabei tritt lediglich manchmal Heiserkeit oder Kratzen im Hals auf.“ Ausgelöst werden diese Nebenwirkungen allerdings auch durch Fehler beim Inhalieren, die oft vorkommen. Er rät, sich das Inhalieren vom Arzt genau zeigen zu lassen oder im Internet auf der Website der Atemwegsliga das Erklärvideo dazu anzusehen

Auf die Pollen, fertig, los

Die Zahl der Allergiker hierzulande ist extrem hoch. Man kann Allergien mittlerweile vorbeugen und Beschwerden mit neuen, flexiblen Methoden dauerhaft lindern. Nur eines sollte man nicht tun: Heuschnupfen auf die leichte Schulter nehmen

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VON MONIKA HERBST

Jeder vierte bis fünfte Deutsche hat eine oder mehrere Allergien. Mit Abstand am häufigsten sind dabei Reaktionen auf Pollen, gefolgt von Tierhaaren, Hausstaub und Schimmelpilzen. Deutlich seltener sind Allergien gegen Lebensmittel wie Erdnüsse, Eier oder Fisch. Die Zahl der Betroffenen in den westlichen Industrieländern stabilisiert sich mittlerweile auf hohem Niveau, nachdem sie zuvor jahrzehntelang stark zugenommen hat – vor allem bei Kindern.

46 Prozent beträgt das Risiko eines Allergikers, an Asthma zu erkranken.

Doch auch das Alter ist kein Schutz: „Früher hat man immer gesagt, im Alter trifft’s keinen mehr“, sagt Sonja Lämmel, Sprecherin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB). Das hat sich geändert: „Heute kann selbst bei einem 90-Jährigen eine Allergie erstmals auftreten.“ Viele Allergologen haben den Eindruck, dass Fälle mit Neuallergikern im Erwachsenenalter in der Praxis zunehmen, Zahlen gibt es dazu jedoch keine. Eine wirkliche Erklärung für diese Entwicklung haben Wissenschaftler ebenfalls noch nicht, doch in der Behandlung von Allergien hat sich viel getan. Die wichtigsten Tipps:

Heuschnupfen nicht unterschätzen

Wer Heuschnupfen hat, holt sich oft nur Medikamente in der Apotheke und verzichtet auf den Arztbesuch. Dabei wird die Asthmagefahr unterschätzt: „Mittlerweile liegt das Risiko eines Allergikers, Asthma zu entwickeln, schon bei 46 Prozent“, sagt die Hamburger HNO-Ärztin Dr. Christa Wilcke. Als sie vor 25 Jahren angefangen hat, lag die Zahl gerade mal halb so hoch. Dabei kann eine unentdeckte Asthmaerkrankung dramatische Folgen haben: „Die Gefahr, in einen schlimmen Asthmaanfall zu geraten, der tödlich sein kann, ist von außen nicht zu beurteilen. Es passiert zum Glück sehr selten, trotzdem besteht das Risiko. Deshalb sollte man mit Heuschnupfen auf jeden Fall zum Allergologen gehen – und zwar möglichst früh“, sagt die Ärztin.

Bei häufigen Erkrankungen aufmerksam werden

Tatsächlich sind Allergien die häufigste Ursache von Asthma, allen voran die gegen Hausstaubmilben. Zwar können auch andere inhalative Allergien Asthma auslösen, aber Hausstaubmilben sind aus zwei Gründen besonders tückisch: „Der Körper wird das ganze Jahr über kontinuierlich belastet, und die Veränderungen passieren schleichend, teilweise unbemerkt“, sagt Dr. Jörg Kleine-Tebbe von der Deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie.

Außerdem sind der Kot der Hausstaubmilbe und die Bruchstücke davon besonders klein. „Je kleiner die Allergene, umso leichter gelangen sie irgendwann in die Bronchien“, sagt HNO-Ärztin Wilcke. Viele Patienten wissen nicht, dass sie gegen Hausstaubmilben allergisch sind. Die Ärztin kennt die Fälle aus ihrer Praxis: Die Patienten sind unausgeschlafen, Schnupfen hält sich bei ihnen hartnäckig und sie müssen morgens oft niesen. Ihre Atemwege sind durch die ständige Allergenbelastung überempfindlich. Viele neigen zu Bronchialerkrankungen.

Durch Hyposensibilisierung den Körper an Allergene gewöhnen

Wer frühzeitig mit einer Hyposensibilisierung beginnt, hat gute Chancen, die allergischen Symptome zu lindern und möglicherweise eine Asthmaerkrankung zu verhindern. Bei einer Hyposensibilisierung oder spezifischen Immuntherapie wird der Körper langsam an den Allergieauslöser gewöhnt, damit er lernt, nicht mehr darauf zu reagieren.